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Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien

In diesem Lerninhalt geht es um die Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien im Falle einer Beschwerde über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.

Umgang mit sexueller Belästigung

In der akuten Situation hilft es in vielen Fällen, der belästigenden Person deutlich zu machen, dass man sich sexuell belästigt fühlt. Das geht sowohl mündlich als auch schriftlich. Auch die Ankündigung von Konsequenzen, falls das belästigende Verhalten nicht aufhört, ist legitim. Aber: Eine direkte und unmittelbare Reaktion ist nicht immer möglich. Betroffene dürfen sich auch nachträglich beschweren. Daher ist es wichtig, ein Bewusstsein für die Rechte, Pflichten und Handlungsstrategien im Unternehmen zu schaffen.

 Rechte von Betroffenen

Das AGG sieht für Betroffene drei zentrale Rechte vor:

  1. Beschwerderecht (§13 AGG)
  2. Leistungsverweigerungsrecht (§14 AGG)
  3. Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz (§15 AGG)

1. Beschwerderecht

  • Alle Beschäftigten haben das Recht, im Betrieb bei der zuständigen Stelle Beschwerde einzulegen, wenn sie das Gefühl haben, nach dem AGG benachteiligt worden zu sein.
  • Die Beschwerdestelle muss im Betrieb bekannt gemacht werden (§ 12 Abs. 5 AGG).
  • Die Beschwerdestelle muss sich mit der Beschwerde auseinandersetzen, sie prüfen und die betroffene Person über das Ergebnis der Prüfung informieren.
  • Beschäftigten, die eine Beschwerde eingelegt haben, dürfen daraus keine Nachteile entstehen.
  • Abmahnungen oder Kündigungen wegen einer Beschwerde sind also verboten (§ 16 Abs. 1 AGG).
  • Außerdem haben Beschäftigte den Anspruch auf vorbeugende und unterbindende Schutzmaßnahmen durch den / die Arbeitgeber : in (§ 12 Abs. 1–4 AGG)!
  • Ihre Beschwerde können Betroffene darüber hinaus gemäß Betriebsverfassungsgesetz auch an den Betriebsrat richten (§ 84 BetrVG).
  • In jedem Fall muss der / die Arbeitgeber : in dafür sorgen, dass die sexuelle Belästigung in Zukunft unterbleibt.
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2. Leistungsverweigerungsrecht

  • Wenn der / die Arbeitgeber : in keine wirksamen Maßnahmen ergreift, um die betroffene Person zu schützen, kann man als „letztes Mittel“ der Arbeit fern bleiben und weiterhin das volle Gehalt verlangen, um weiteren sexuellen Belästigungen zu entgehen.
  • Das gilt aber nur dann, wenn der / die Arbeitgeber : in nichts zum Schutz vor sexueller Belästigung unternimmt oder die Maßnahmen ungeeignet sind. In jedem Fall sollte der / die Arbeitgeber : in vor der Leistungsverweigerung schriftlich und unter Angabe der Gründe informiert werden.
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3. Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung

  • Von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz Betroffene haben in einigen Fällen ihrem / ihrer Arbeitgeber : in gegenüber einen Anspruch auf Schadensersatz bzw. Entschädigung. ⇾ Das heißt zum Beispiel: Arzt- oder Therapiekosten, die wegen der sexuellen Belästigung entstanden sind, müssen übernommen werden (Schadensersatz).
  • Auch ein Schmerzensgeld ist möglich (Entschädigung). Hier sind die kurzen Fristen von zwei Monaten zu berücksichtigen.
  • Arbeitgeber : innen haften für eine sexuelle Belästigung, wenn die sexuelle Belästigung von einer Person ausgeht, die Arbeitgeber : innenfunktionen wahrnimmt oder Weisungsrecht hat: Vorgesetzte, Personalleitungen, Geschäftsführung oder Vorstandsmitglieder.
  • Bei sexueller Belästigung durch Kolleg : innen haften Arbeitgeber : innen nur, wenn sie keine Schutzmaßnahmen ergriffen haben und es erneut zu einem Vorfall kommt.
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Sonderfälle

  • Wenn die sexuelle Belästigung von dem /der Arbeitgeber : in ausgeht, bleibt der belästigten Person oft nur die Kündigung, wenn eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich ist. Hier läuft der Rechtsschutz teilweise ins Leere. Der / Die Arbeitgeber : in wird sich nicht selbst sanktionieren.
  • Wenn die sexuelle Belästigung von dem / der Ausbilder : in ausgeht, kann je nach Betrieb die Gewerbeaufsicht oder die Berufskammer eingeschaltet werden. Dem Betrieb kann dann die Ausbildungseignung aberkannt werden (vgl. § 33 Berufsausbildungsgesetz BBiG).
  • Wenn die belästigte Person freiberuflich beschäftigt ist, gelten die zivil- und strafrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit Beleidigung bzw. (sexueller) Nötigung. Das AGG schützt freiberufliche Beschäftigte nur dann, wenn z. B. ein : e Auftraggeber : in sexuelle Handlungen zur Bedingung für die Erteilung eines Auftrags macht.