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Flirt oder sexuelle Belästigung?

Dieser Lerninhalt beschäftigt sich damit, wo die Grenze zwischen einem Flirt und einer sexuellen Belästigung zu ziehen ist. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Grundlage wird dies in den folgenden Absätzen erklärt.

Wo ist die Grenze?

Flirt oder sexuelle Belästigung?

Im Alltagsverständnis wird sexuelle Belästigung oft mit physischer Gewalt gleichgesetzt. Sexuell übergriffiges und belästigendes Verhalten beginnt aber viel früher, auch wenn viele Formen sexueller Belästigung im Alltag nicht strafbar sind. Vor allem verbale und nonverbale Belästigungen werden immer wieder verharmlost.

Den Betroffenen wird unterstellt, dass sie überempfindlich auf einen Witz oder Flirtversuch reagieren. Ein Flirt zum Beispiel hat nichts mit sexueller Belästigung zu tun. Er ist auch am Arbeitsplatz nicht verboten. Aber: Flirts entstehen in beiderseitigem Einverständnis. Übergriffiges Verhalten geschieht ohne das Einverständnis der anderen Person.

Das Verhalten ist damit grenzüberschreitend. Vor allem dann, wenn die betroffene Person Ablehnung signalisiert oder durch das Verhalten gedemütigt oder beschämt wird. Außerdem handelt es sich um eine sexuelle Belästigung, wenn z.B. einer Beschäftigten berufliche Nachteile angedroht werden, falls sie sexuelle Handlungen verweigert. Oder wenn beispielsweise einem Mitarbeiter berufliche Vorteile dafür versprochen werden, dass er sich auf sexuelle Handlungen einlässt.

Flirt = sexuelle Belästigung? Die Grenzen sind klar markiert!

  • Unerwünschtheit
  • Erniedrigung und Abwertung
  • Einseitigkeit
  • Grenzüberschreitung
  • Versprechen beruflicher Vorteile bei sexuellem Entgegenkommen
  • Androhen beruflicher Nachteile bei Verweigerung

Beispiel aus der Rechtsprechung:

Einem Produktmanager wird aufgrund mehrfacher verbaler sexueller Belästigung einer Kollegin außerordentlich gekündigt. Der Mann klagt gegen die Kündigung. Die Begründung: Es habe sich seiner Meinung nach nicht um eine sexuelle Belästigung, sondern um bloßes ‚Necken‘ gehandelt. Das Gericht weist die Klage ab. Es bestätigt, dass das Verhalten des Belästigers die Würde der Mitarbeiterin verletzt hat. Der Mann hat bereits einige Jahre zuvor eine Abmahnung wegen sexueller Belästigung erhalten. Er hatte einer Kollegin gezielt auf das Gesäß geschlagen. Das Gericht kommentierte diesbezüglich, dass der Angestellte schon für diesen Vorfall eine Kündigung hätte erhalten können. Auch die langjährige Betriebszugehörigkeit des Mannes wirkte sich nicht mildernd auf das Urteil aus. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil v. 09.06.2011–AZ: 2 AZR 323/10